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Interview mit dem Deutschen Vize-Meister im Bankdrücken
- Benjamin Haugk

Benjamin Haugk

Hallo Benny, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst und uns ein paar Fragen beantwortest. Nun, erst einmal herzlichen Glückwunsch. Du bist vor kurzen Deutscher Vize-Meister im Bankdrücken geworden. Wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis?

Hallo Stephan, vielen Dank. Angesichts der Umstände in den vergangenen Wochen bin ich mit der Platzierung zufrieden. Meine gedrückte Last war allerdings unter dem, was ich mir persönlich als möglich zutraue.

Okay, ich weiß, dass die Vorbereitung auf diesen Wettkampf binnen kürzester Zeit entschieden werden und umgesetzt werden.

Im Sommer 2019 habe ich auf der Thüringer Landesmeisterschaft eine neue persönliche Bestleistung von 162,5kg aufgestellt. Nach diesem Wettkampf hatte ich jedoch erneut Probleme mit dem rechten AC-Gelenk, so dass ich für die darauffolgenden acht Wochen nicht mehr als 100kg im Training bewegte. Zudem kam hinzu, dass ich im September geheiratet habe und zwei Wochen in den Flitterwochen war, wo das Training auch nur sehr eingeschränkt möglich war. All das waren Gründe dafür, dass ich 2019 eigentlich nicht an den Deutschen Meisterschaften teilnehmen wollte.

Mein Teamchef bat mich jedoch anzutreten und so beschloss ich mit meinem Trainer, dass wir einen Test absolvieren, der mein gegenwärtiges Leistungspotenzial zeigen sollte. Ich konnte trotz der ganzen Umstände recht locker 150kg drücken, jedoch betrug mein Körpergewicht ca. 78kg.

Die kurze Vorbereitungszeit hat bestimmt eine Menge Stress für dich und deinen Trainings-/Ernährungs- und Wochenablauf bedeutet.

Ja, mein Teamchef meldete mich also für die DM an und ich musste binnen vier Wochen mein Körpergewicht auf 74kg reduzieren, wobei ich mit den 78kg schon nur bei 12% KFA lag. Mein Ernährungscoach und ich besprachen das Vorgehen und wir begannen vier Wochen lang ein ziemlich drastischen Kaloriendefizit. In Zahlen bedeutete das, die Kalorien von ca. 3600kcal auf 1800kcal zu cutten.

Autsch!
Beruflich arbeitest du trotz Profi-Dasein ja in Vollzeit als Lehrer. Kriegst du Beruf und Sport gut unter einen Hut oder sind hier manchmal Kompromisse angesagt?

Ich halte das getreu dem Motto „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“. Durch die Schulpausen habe ich auch die Möglichkeit mich sportgerecht zu ernähren. Ich koche mein Essen immer vor und nehme es mit in die Schule. Allerdings muss ich auch anmerken, dass neben Arbeit, Training und Familie keine Zeit für andere Sachen bleibt. Ich treffe mich nur selten mit Freunden und gehe nicht Feiern oder sonstiges. Das sind eben Kompromisse, die man eingehen muss. Ich gehe sie allerdings gerne ein.

Und wie sieht ein typischer Tagesablauf bei dir aus? Ist der auch so voll wie bei den Bodybuildern?

In der Regel stehe ich 5:45 Uhr auf. Von 7:30 Uhr bis 15 Uhr bin ich in der Schule. Zwischen 15:30 und 17:00 Uhr bin ich zuhause und bereite den Unterricht für den kommenden Tag vor. Dann fahre ich zum Training. Gegen 20:30 Uhr bin ich wieder zuhause. Dann koche ich Essen für den nächsten Tag vor, esse mit meiner Frau Abendbrot, verbringe mit ihr noch ein wenig Zeit und gegen 22:00 Uhr gehe ich ins Bett, damit ich auf ca. 7-8h Schlaf komme.

Wie sieht deine aktuelle Ernährung aus, die du mit deinem Ernährungscoach ausgearbeitet hast, wenn du dich nicht in einer unmittelbaren Vorbereitung auf einen Wettkampf befindest?

Nachdem ich 2018 „nur“ dritter auf der DM war, wollten wir eigentlich nicht mehr diäten und stattdessen in den Aufbau gehen, um möglichst nahe an das Gewichtslimit der 83kg Gewichtsklasse zu kommen. Ich war bereits auf 79,5kg. Ich habe einen ziemlich guten Stoffwechsel, dazu kommt neben meinem eigenen Training der Sportunterricht in der Schule. Ich lande eigentlich jeden Tag bei ca. 15.000 Schritten oder mehr. Ich brauche ca. 3600kcal, um ~79kg Körpergewicht zu halten. Um in den Bereich der 83kg zu kommen, muss ich ungefähr täglich 4000kcal zu mir nehmen. Ich habe das Glück, dass es egal ist, wieviel Süßkram oder Junk-Food ist esse, ich werde nicht fett. Das bedeutet allerdings nicht, dass ich mir das ganze Zeug auch reinziehe.

Ich versuche den Großteil der Kalorien sauber zu decken. Ich setze viel auf Shakes und Flüssignahrung. Des Weiteren arbeite ich im Aufbau viel mit Mandelmus, Erdnussbutter, Nüssen, Reis, Haferflocken, Nudeln usw. Eigentlich die typischen Sachen. Ich versuche immer auf mind. 500g Kohlenhydrate am Tag zu kommen. Meine Eiweißquellen sind Proteinpulver, rotes Fleisch, Fisch und hin und wieder Milchprodukte wie Quark, Käse und Joghurt. Beim Protein handhabe ich es klassisch: 2g Protein pro 1kg Körpergewicht. Das Fett tracke ich nicht extra. Ich nehme das auf, was beispielsweise in den Musen und den Nüssen vorhanden ist.

Und wie schaut es in den Wochen vor einem Wettkampf aus? Nimmst du auch spezielle Supps zu dir?

Ich lege viel Wert auf gute Supplemente. Ich habe das große Glück, dass ich seit 2-3 Jahren zwei klasse Firmen an meiner Seite habe, die mich mit Supplementen unterstützen. Mir ist dabei vor allem wichtig, dass die Firmen „Made in Germany“ sind und dass sie frei von Verunreinigungen sind, die mich nämlich bei Anti-Dopingkontrollen in brenzlige Situationen bringen würden.
Zu meinen Favoriten in der Wettkampfvorbereitung zählen: Creatin, euer leckeres Whey Isolat, Kohlenhydratpulver, Glutamin, Citrullin, Arginin, BCAAs, Omega 3 Fischöl, Vitamin C, Zink, ein flüssiges Curcumin- und ein flüssiges Multivitaminpräparat.

Die meisten unserer Leser sind wohl in der Fitness-Szene unterwegs und trainieren entsprechend. Jemand, der sich auf die Disziplin des Bankdrückens spezialisiert hat, wird nicht „pumpen“, sondern natürlich viel gezielter trainieren. Magst du hier mal kurz erläutern, wie sich das Training, auch im wöchentlichen Ablauf, bei einem Bankdrücker darstellt?

Ich trainiere 4x in der Woche. An allen Trainingstagen ist Bankdrücken dabei. Ich arbeite seit 16 Wochen mit einem neuen Trainer zusammen. Unsere Herangehensweise wird sich in der Zukunft ein wenig ändern. Ich kann aktuell aber gerne darüber sprechen, wie ich mich beispielsweise auf die Thüringer Landesmeisterschaft vorbereitet habe, bei der ich Bestleistung drücken konnte.

Mein Input kommt zum größten Teil aus Japan. Die Japaner sind im Leichtgewicht die besten Bankdrücker der Welt. Ich war bereits zweimal für zwei Wochen dort und habe unter der Anleitung des 16-fachen Weltmeisters trainiert.

Meine Wettkampfvorbereitung gestaltete sich so, dass ich ca. 15 Arbeitssätze pro Trainingstag absolvierte. Ein klassisches Beispiel aus der Peaking-Phase wäre:

2 Sätze á 5 Wdh. mit 60kg, 80kg, 100kg, 115kg, 130kg, 140kg
2 Sätze á 3 Wdh. mit 145kg

Natürlich funktioniert so ein Training im Bereich von über 90% nicht viermal pro Woche. Die anderen Trainingstage baue ich verschiedene Variationen ein, z.B. Bankdrücken mit einem engeren Griff, Bankdrücken mit Beinen in der Luft, Bankdrücken mit einer 2 Sekunden Pause auf der Brust usw.

Jeder hat andere Stärken und Schwächen und muss dementsprechend sein Training anpassen.

Du drückst aktuell etwa 150 / 152,5 Kg bei einem Körpergewicht von 74 Kg, also das zweifache Körpergewicht! Viele schaffen das nicht einmal im Kreuzheben. Wenn du einen, maximal zwei Tipps geben wolltest, um sich in solch einer Disziplin zu verbessern, welche wären das?

Achtet auf eure Technik! Eine gute Technik ist das Allerwichtigste, um lange und erfolgreich drücken zu können. Lasst euch von Misserfolgen und Plateaus nicht aufhalten! Bleibt immer am Ball! Kontinuität zahlt sich aus! Sucht euch einen guten Trainer und damit meine ich nicht die ganzen Möchtegern-YouTube-Experten, sondern geht beispielsweise zu einem Kraftsportverein oder wendet euch an Online-Coaches, die wirklich Expertise haben. Dieser kann eine Technikanalyse per Video durchführen und dann Optimierungen anleiten.

Sucht euch außerdem viele Bewegungsvorbilder raus, schaut viele Videos von erfolgreichen Athleten und versucht, Sachen für euch zu übernehmen. Natürlich müssen die Sachen zu euch passen. Wie bereits erwähnt, ein blindes kopieren wird nicht funktionieren.

Die Deutsche Meisterschaft ist vorbei und du bist eigentlich nicht in der Gewichtsklasse gestartet, die du präferiert hattest. Wie sind deine Pläne für die Zukunft?

Ich werde jetzt direkt in den Aufbau gehen. In Deutschland wird es das letzte Mal gewesen sein, dass ich in der Klasse 74kg Klasse angetreten bin. Sollte ich für die WM 2020 nominiert werden, dann würde ich noch einmal die Diät antreten, aber ansonsten ist das Ziel klar: Möglichst schwer und stark zur DM 2020 in der Gewichtsklasse -83kg an den Start gehen.

Die DM 2020 findet bei mir zuhause in Greifswald statt. Nachdem ich es noch nicht geschafft habe, in der Männerklasse Deutscher Meister zu werden und ich zwei zweite Plätze und einen dritten Platz auf den Deutscher Meisterschaften erreichen konnte, will ich das Ding endlich mal gewinnen.

Gut, dann danke ich dir vielmals, dass du dir die Zeit für uns und die Leser genommen hast. Weiterhin ein gutes, progressives Training, viel Erfolg und Gesundheit wünsche ich dir.

Stephan, vielen Dank für das Interview und natürlich vielen, vielen Dank für eure Unterstützung. Ich freue mich auf die kommende Zeit mit alphavitalis an meiner Seite.

Benjamin Haugk